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Salon „Mythos der Stadt – Berlin und Peking im Dialog“

03.04.2019 - Artikel
Berliner Salon „Mythos der Stadt – Berlin und Peking im Dialog“
Berliner Salon „Mythos der Stadt – Berlin und Peking im Dialog“© Deutsche Botschaft Peking

Am Freitag, den 29. März lud der Deutsche Botschafter in Peking zum zweiten Berliner Salon, dieses Mal zum Thema „Mythos der Stadt – Berlin und Peking im Dialog“. Es diskutierten die chinesischen und deutschen Gäste im gemeinsamen Gespräch mit Professor Klaus Siebenhaar, einem Berliner Germanisten, Theaterwissenschaftler und Kunsthistoriker. Musik von Cui Ying an der Piper und Liu Minglang an der Gitarre, die am Freitag zum ersten Mal gemeinsam im Duett spielten, vereinigte östliche und westliche Klänge in perfekter Harmonie.

Berliner Salon „Mythos der Stadt – Berlin und Peking im Dialog“
Berliner Salon „Mythos der Stadt – Berlin und Peking im Dialog“© Deutsche Botschaft Peking

Obwohl man mit dem Wort Mythos sehr schnell die alten Erzählungen wie beispielsweise der Odyssee assoziiert, sind Mythen von Städten paradoxerweise jedoch eine Geschichte der Moderne. Um 1900 war Berlin die am schnellsten wachsende Stadt der Welt und mit den rund 4.5 Mio. Einwohnern in den 20er Jahren ein Sinnbild der modernen Stadt. Doch war dieses unglaublich schnell und beängstigend wachsende Berlin in den Augen der konservativen Bevölkerung nie eine deutsche Stadt. Seit dem späten 19. Jahrhundert war Berlin ein Schmelztiegel der Ost-West-Wanderung. Doch brachte dieses Umfeld auch viele kreative und neuartige Phänomene mit sich. In den 20er Jahren kamen Künstler aus aller Welt nach Berlin. Die Stadt war glamourös, glänzend und strahlend hell in den Anfängen der großen Werbeanzeigen. Gleichzeitig war Berlin ein Ort der Sünde, ein spektakulärer Ort voll Entertainment und Erotik.

Berlin Panorama
Berlin Panorama© picture alliance / Robert Schlesinger

Um Professor Siebenhaars Ausführungen zusammenzufassen: Berlin war und ist vieles gewesen – sowohl rasend schnell als auch entschleunigt. Auf der einen Seite die unnatürlich schnell wachsende Bevölkerung und Ausdehnung der Stadt mit ihren Leuchtreklamen und Entertainment-Palästen. Auf der anderen Seite der provokante „Flaneur“, welcher sich als „Raumforscher“ treiben ließ, um seine Heimat mit den naiven Augen eines Touristen neu zu entdecken.

Nebenbei war Berlin auch immer eine Frontstadt, ein Schaufenster von Ost und West – nicht nur räumlich sondern auch intellektuell geteilt. Während des kalten Krieges war Ostberlin im Rest der DDR verhasst, Westberlin galt als Außenposten der freien Welt, dem Rest von Westdeutschland völlig fremd. Mit der Teilung Berlins und Deutschlands und der vermehrten Zensur in Ostberlin wurden die früheren intellektuellen Diskussionsstätten auf ein Minimum zurückgedrängt. Man war „eingemauert“ und doch war ein gewisses Freiheitsgefühl da, überlebte der Mythos der Stadt - bis heute, wo er wieder stark floriert.

Musik von Cui Ying(Pipa) und Liu Minglang (Gitarre)
Musik von Cui Ying(Pipa) und Liu Minglang (Gitarre)© Deutsche Botschaft Peking

Wie die Geschichte Berlins erzählt auch Pekings Stadtgeschichte viel von Abriss und Neuaufbau. Viele der geladenen Gäste berichteten von interessanten geschichtlichen Ereignissen oder von persönlichen Erfahrungen - vom Abriss der Altstadt, den alten Hutongs in Peking und auch vom Abtragen der alten Stadtmauer, um an dieser Stelle Platz für den Bau der U-Bahn zu schaffen. In den späten 90er Jahren sei in Peking und Shanghai zusammen so viel gebaut worden wie in ganz Europa. Ein Gast erzählte zudem von der Legalisierung der Bordelle in einer der Hutong Gegenden Anfang des 20. Jahrhunderts. Durch diese wirtschaftlich bedingte Legalisierung wäre diese Gegend zu einer „free zone“, zu einem „melting pot“ des kulturellen Geschehens geworden, wo sich jedermann zum intellektuellen Diskurs traf. Solche „Untergrund-Projekte“ gibt es auch heute noch in Peking. Ein Architekt berichtete von einigen unterirdischen Projekten, wie dem Jazz Club „Blue Note“, die er in Peking realisiert habe.


Hintergrund „Berliner Salon“

Der Berliner Salon gehört zu einem wichtigen kulturhistorischen Phänomen, welches seit dem 18. Jahrhundert in europäischen Großstädten florierte. In einem Salon kamen Menschen verschiedener Gesellschaftsschichten und Lebenskreisen zusammen, um gemeinsam zu reden, zu diskutieren und zu musizieren. Gastgeberinnen waren häufig wohlhabende und gebildete Frauen, oft mit adeliger Herkunft, für die der Salon eine der wenigen Möglichkeiten darstellte, sich öffentlich intellektuell zu betätigen. Die Berliner Salons vor 200 Jahren waren Zentren des damaligen kulturellen Lebens. Diese klassische Kultur-Tradition wird auch heute noch in Berlin gelebt.


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