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Wirtschaftsinformationen zur Provinz Guangdong

01.05.2021 - Artikel

Die südchinesische Küstenprovinz Guangdong umfasst 179.700 km², dies entspricht etwa der Hälfte der Fläche Deutschlands.

Allgemeines

Die südchinesische Küstenprovinz Guangdong umfasst 179.700 km², dies entspricht etwa der Hälfte der Fläche Deutschlands. Ihre Küstenlänge beträgt 3.368 km. Der Perlfluss (chin. „Zhujiang“), der drittlängste Fluss Chinas, durchzieht die Provinz und mündet in dem ausgedehnten, mehrarmigen Perlflussdelta zwischen Hongkong und Macau in das Südchinesische Meer. Dieses Perlflussdelta bildet eine fast nahtlos ineinander übergehende Stadtlandschaft mit hoher industrieller Konzentration und Bevölkerungsdichte. Laut einer EU Studie ist es der größte urbane Ballungsraum der Welt. Die Region ist bereits seit 30 Jahren die wirtschaftsstärkste und inzwischen bevölkerungsreichste chinesische Provinz sowie eine der sich wirtschaftlich am schnellsten entwickelnden Regionen weltweit.

Guangdong hatte Ende 2020 126 Mio. ständige Einwohner (ohne Wanderarbeiter, aber einschl. Personen mit befristetem Aufenthaltsrecht). Provinzhauptstadt ist Guangzhou (Kanton) mit ca. 18 Mio. Einwohnern. Verwaltungssprache ist Hochchinesisch (Mandarin), jedoch wird im Alltag vorwiegend Kantonesisch gesprochen. Guangdong ist Heimat der „Lingnan Kultur“, zu der u.a. ein eigener, auf das subtropische Klima zugeschnittener Architektur-Stil, die Kanton-Oper und das berühmte kantonesische Essen gehören.

Politische Führung

Parteisekretär:            Herr LI Xi (seit Oktober 2017)

Provinzgouverneur:   Herr MA Xingrui (seit Januar 2017)


Wirtschaft

Guangdong ist die Region Chinas, in der die Reform- und Öffnungspolitik Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre begonnen wurde. Der bemerkenswerte wirtschaftliche Aufstieg Chinas spiegelt sich vor allem in der Stadt Shenzhen (vom Fischerdorf zur reichsten Stadt des Landes und Hochtechnologiestandort) wider. Shenzhen ist eine der drei Sonderwirtschaftszonen Guangdongs neben Zhuhai und Shantou. Dieser Status ist als Standortfaktor heute weniger bedeutungsvoll geworden, da andere Kommunen in der Region ebenfalls mit verschiedenen Anreizen wie Steuererleichterungen, Subventionen etc. um Investoren werben. Dies gilt z.B. für die weiträumigere Guangdonger Freihandelszone, welche die räumlich getrennten Logistik-, Finanz- und Produktionszentren Nansha (Guangzhou), Qianhai Shekou (Shenzhen) und Hengqin (Zhuhai) zusammenfasst, oder für den Guangzhou Development District, in dem sich u.a. SIEMENS und Herrenknecht angesiedelt haben.


Durch den am 18. Februar 2019 veröffentlichten „Outline Development Plan for the Guangdong-Hong Kong-Macao Greater Bay Area“ sollen neun Millionenstädte in Guangdong mit Hongkong und Macau schrittweise zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum verflochten werden. Dabei ist noch nicht deutlich geworden, wie dies unter Wahrung der Autonomie von Hongkong und Macau („Ein Land, zwei Systeme“) im Einzelnen geschehen soll. Zwar sind neue Schnellzugverbindungen und eindrucksvolle Brücken über den Perlfluss gebaut worden, jedoch gibt es weiterhin drei Währungen, drei Rechtsordnungen, drei Wirtschaftssysteme und z.B. noch keine konkreten Pläne für die Schaffung einer Zollunion.

Im Jahr 2020 konnte Guangdong trotz der COVID-19-Pandemie ein Wirtschaftswachstum verzeichnen. Die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts lag bei 2,3% und damit genau im Landesdurchschnitt. Während des 13. Fünfjahresplans (2016-2020)  hat Guangdong ein durchschnittlich jährliches BIP-Wachstum um 6% erreicht. 2020 betrug das Bruttoinlandsprodukt von Guangdong 11.076 Mrd. RMB (ca. 1.606 Mrd. USD). Dabei betrug der Anteil des Dienstleistungssektors am BIP 56,5%, der Anteil des Industriesektors 39,2% und der Anteil der Landwirtschaft nur noch 4,3%. Das jährliche Durchschnittseinkommen der Stadtbevölkerung lag 2020 bei 50.257 RMB (ca. 7.286 USD), real 4,4% mehr als im Vorjahr. Die auch als „Werkbank der Welt“ bekannte Provinz Guangdong würde - rein rechnerisch als Staat betrachtet - den 11. Platz unter führenden Industrieländern der Welt belegen.

Textil und Bekleidung, Lebensmittel und Getränke, Baumaterialien, Elektronik und Informationstechnik, Elektrische Geräte und Anlagenbau, Petrochemie, Papierindustrie, Pharmazeutische Industrie sowie Automobilbau sind die neun Schlüsselbranchen in Guangdong. Die Entwicklung im Bereich Hochtechnologie wird staatlich unterstützt und entwickelt sich rasant. Insbesondere die Sonderwirtschaftszone Shenzhen hat sich als einer der bedeutendsten Hochtechnologiestandorte Chinas etabliert. Umweltindustrie und Energiewirtschaft gewinnen zunehmend an Bedeutung; Guangdong baut derzeit zu den fünf bereits bestehenden Kernkraftwerken zehn weitere, teils mit Unterstützung französischer Firmen.

Guangdong ist gleichzeitig (neben Hongkong) das Finanzzentrum Südchinas; nach Shanghai ist Shenzhen der zweite Börsenstandort in Festland-China und außerdem ein bedeutender Messestandort. Mit dem „Guangzhou International Convention & Exhibition Center“ verfügt die Stadt über eines der größten Messegelände der Welt, das gerade fertiggestellte neue Messegelände in Shenzhen ist sogar noch etwas größer. Für die deutsche Wirtschaft ist weniger die bekannte Kanton Messe („Chinese Export- and Import Commodities Fair“) von Bedeutung als vielmehr die jährlich über hundert Fachmessen, teils mit vom Bundeswirtschaftsministerium geförderter deutscher Beteiligung.

Guangdong hat eine stark exportorientierte Wirtschaft. Über 24% aller chinesischen Exporte kamen 2020 aus Guangdong – dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Warenaustausch mit Hongkong, Macao und Taiwan ebenfalls als Außenhandel erfasst wird. Das gesamte Außenhandelsvolumen von Guangdong betrug 2020 7.084 Mrd. RMB (ca. 1.027 Mrd. USD), sank leicht um 0.9%, davon Exporte 4.350 Mrd. RMB (ca. 631 Mrd. USD), +0,2% und Importe: 2.735 Mrd. RMB (ca. 397 Mrd. USD), -2,6%.


2020 wurden in Guangdong ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 162 Mrd. RMB (ca. 23,5 Mrd. USD) getätigt, was 16,2% der ausländischen Direktinvestitionen in China entsprach. Über 60% der ausländischen Investitionen in Guangdong stammen aus Hongkong. Guangdong gilt auch im chinaweiten Vergleich als Provinz mit gutem Investitions- und Geschäftsklima. Die Provinz verfügt über ein dichtes Straßen- und Schienennetz und mit dem Baiyun International Airport in Kanton (73,39 Mio. Passagiere im Jahre 2019) über den drittgrößten Flughafen Chinas. 2020 wurden 43,77 Mio. Passagiere am Baiyun Flughafen abgefertigt, damit hatte er im Jahr der COVID-19-Pandemie sogar das größte Passagieraufkommen weltweit. Der Containerhafen in Shenzhen rangiert weltweit hinter Shanghai, Singapur und Ningbo an vierter Stelle, mit einem Containerumschlag von 26,55 Mio. TEU[1] 2020.


[1] TEU steht für Twenty-foot Equivalent Unit, zu Deutsch Zwanzig-Fuß-Standardcontainer und dient international zur Beschreibung von Ladekapazitäten bei Schiffen und Umschlagplätzen.


Beziehungen mit Deutschland

Deutschland ist Chinas größter Handelspartner in der EU und weltweit der sechstgrößte Handelspartner der Provinz Guangdong. 2019 wurden Güter im Wert von 17,12 Mrd. USD von Guangdong nach Deutschland exportiert und Waren im Wert von 10,92 Mrd. USD aus Deutschland importiert. Deutschland gehört zu den wichtigsten Herkunftsländern von ausländischen Investitionen, wobei sich die Summe der realisierten deutschen Direktinvestitionen in Guangdong von 1979 bis Ende 2019 auf moderate 8,05 Mrd. USD belief. Jedoch hat BASF Ende 2020 den Grundstein für einen bedeutenden petrochemischen Verbundstandort in der im Südwesten der Provinz gelegenen Hafenstadt Zhanjiang gelegt, mit einer anfänglichen Investition von über 10 Mrd. USD. 

In Guangdong gibt es nach vorliegenden Informationen über 600 deutsche Unternehmen, davon sind ca. 52% produzierende Unternehmen und 48% sind Dienstleister, Handelshäuser oder Repräsentanzen. Große deutsche Investoren in Guangdong sind Heidelberg Zement, MTU, Metro, Siemens, Bosch, Bayer und Lufthansa Technik. Volkswagen hat eine große Produktionsstätte in Foshan aufgebaut, der nach Kanton und Shenzhen drittgrößten Stadt der Provinz. Daimler produziert seit 2010 in einem Joint Venture mit der Firma BYD (Shenzhen) Elektrofahrzeuge.

Ein Partnerabkommen zwischen Guangdong und Bayern wurde am 20. Oktober 2004 unterzeichnet. Das bayerische Wirtschaftsministerium unterhält ein Verbindungsbüro in Shenzhen. Die Städtepartnerschaft zwischen Frankfurt am Main und Kanton besteht seit 1988. Shenzhen und Nürnberg sind Partnerstädte seit 1997, Foshan und Ingolstadt seit 2014.

2018 wurde Guangdong sowohl von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Mai als auch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Dezember besucht. 


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