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Die Weltklimakonferenz ist eine Chance – wenn wir alle anpacken
Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesaussenministerin., © Thomas Imo/photothek.net
Namensartikel von Außenministerin Baerbock anlässlich der COP28:
Eine Landwirtin in Niger, deren Felder durch die Hitze vertrocknet sind.
Ein Vater in Palau, der nicht weiß, ob sein Haus noch stehen wird, wenn seine Kinder erwachsen sind – oder ob der steigende Meeresspiegel sein Dorf verschlucken wird.
Bürgermeisterinnen in Spanien, Deutschland, Litauen, die einen Weg finden müssen, ihre Städte gleichzeitig vor Wassermangel und immer gefährlicheren Sturmfluten zu schützen.
Egal in welches Land der Welt man blickt, auf eine Krise stößt man überall: die Klimakrise.
Diese Krise ist die größte Sicherheitsherausforderung unserer Zeit. Sie trifft uns alle – mit unterschiedlicher Härte, aber mit derselben Unerbittlichkeit.
Was mir Hoffnung macht, ist, dass wir das Wissen, die Technologien und auch die Instrumente haben, um die Klimakrise gemeinsam einzudämmen. Was wir brauchen ist politischer Wille.
2015 hat die Weltgemeinschaft diesen Willen schon einmal gezeigt und mit dem Pariser Abkommen den Grundstein gelegt für eine neue, klimaneutrale Welt. Daraufhin haben sich fast 170 Staaten ambitioniertere Klimaziele gesetzt. Der Ausbau von erneuerbaren Energien hat sich dramatisch beschleunigt.
Wenn wir jedoch in wenigen Tagen zur Weltklimakonferenz in Dubai zusammenkommen, dann wissen wir auch:
Wir befinden uns in einem Wettlauf gegen die Zeit – und bisher sind wir zu langsam.
Die anstehende COP ist eine riesige Chance für mehr Tempo, die wir gemeinsam mit Vorreiter-Allianzen nutzen sollten. Denn wir werden in Dubai erstmals die bereits in Paris vereinbarte „Globale Bestandsaufnahme“ durchführen, mit der wir unsere Fortschritte bei der Erreichung der Ziele von Paris überprüfen und festlegen wo wir nachschärfen müssen.
Dafür sind aus deutscher Sicht drei Punkte zentral.
Erstens: Wir sollten bis 2030 die globale Energiewende massiv beschleunigen. Denn jede Tonne CO2, die ein Land ausstößt, schadet uns allen. Laut Weltklimarat müssen wir noch in diesem Jahrzehnt gemeinsam die globalen Emissionen um mindestens 43 Prozent senken. Jedes Prozent weniger Treibhausgase bedeutet weniger Dürren, weniger Fluten, weniger verlorene Leben.
In der EU haben wir mit dem Green Deal die Weichen für Klimaneutralität bis 2050 gestellt. In Deutschland haben wir uns gesetzlich dazu verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu sein.
Aber die Energiewende ist eine globale Aufgabe.
Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass wir bei der der COP gemeinsam das Ziel vereinbaren, Erneuerbare Energien zu verdreifachen, die Energieeffizienz zu verdoppeln, und Schritt für Schritt aus fossilen Energieträgern auszusteigen.
Damit wollen wir auch klarmachen, dass der Wandel hin zu einem Energiesystem begonnen hat, das überwiegend frei ist von fossiler Energienutzung.
Zweitens: Unser bestes Mittel gegen die Klimakrise ist Solidarität. Deshalb stehen wir Schulter an Schulter mit den Menschen, die am wenigsten zur Entstehung der Klimakrise beigetragen haben, aber heute schon am härtesten von ihr betroffen sind.
Deutschland hat seine jährliche Klimafinanzierung drei Jahre früher als angekündigt auf über 6 Mrd. Euro aus unseren Haushaltsmitteln erhöht. Wir leisten damit unseren Beitrag zum Versprechen der Industrieländer, 100 Mrd. EUR für die Klimafinanzierung bereitzustellen – und wir sind zuversichtlich, dass dieses Versprechen bereits dieses Jahr erfüllt wird.
Wir wissen, dass die Klimakrise schon jetzt Auswirkungen hat, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen. Deshalb treiben wir auch mit Nachdruck die Anpassung an den Klimawandel voran und unterstützen dabei besonders die Entwicklungsländer. Spätestens bis 2025 sollte der Beitrag aller Geber für Anpassung auf 40 Milliarden USD verdoppelt werden. Deutschland wird seinen Teil dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
Auf der letzten Klimakonferenz haben wir vereinbart, einen Fonds für Verluste und Schäden aufzusetzen, den wir vor kurzem in Abu Dhabi weiter ausbuchstabiert haben. Nun gilt es, bei der COP28 diese Einigung zu bestätigen und den Fonds mit Geld zu füllen. Dafür ist zentral, dass die Mittel vor allem den verletzlichsten Staaten zu Gute kommen und dass alle Staaten, die dazu in der Lage sind, zum Fonds beitragen. Dazu gehören natürlich die Industriestaaten. Dazu gehören aber auch die Staaten, die mit fossilen Energien viel Geld verdient haben oder in den letzten Jahren große Wachstumsraten erzielen konnten. Wir sind alle gemeinsam in der Pflicht.
Deswegen wollen wir, drittens, auf der COP in unsere Partnerschaften investieren. Wir wissen, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Energiewende und Klimaschutz in allen Staaten unterschiedlich sind. Und dass der massive Umbruch der grünen Transformation nur funktionieren wird, wenn er sozial-gerecht gestaltet wird. Dabei werden wir unsere Partner unterstützen.
Wir haben dabei alle zu gewinnen, denn jede Investition in Solarpanels, in grünen Wasserstoff oder in Technologien zur Wärmedämmung ist eine Chance für Wachstum, neue Arbeitsplätze und eine sichere Energieversorgung. Deshalb bauen wir Klima-, Energie- und Entwicklungspartnerschaften aus, bei denen beide Seiten voneinander lernen und von denen beide Seiten profitieren.
Denn kein Land soll zwischen Entwicklung und Klimaschutz entscheiden müssen. Jede Gesellschaft hat ihren eigenen Weg.
Wichtig ist, dass wir alle dasselbe Ziel haben: Eine klimaneutrale und resiliente Zukunft, in der unsere Kinder in Sicherheit und Wohlstand leben können. Wir haben in diesen Tagen in Dubai die Chance, gemeinsam diesen Kurs einzuschlagen.
Diese Chance sollten wir ergreifen.